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Verbot Luftraum Syrien

Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Verkehr über ein Flugverbot für das Fluginformationsgebiet (FIR) Damascus (OSTT) vom 14.10.2025

1. Für Luftfahrzeugführer, Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeughalter

  • eines in der deutschen Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugs oder
  • eines anderen Luftfahrzeugs, für das die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung des Eintragungsstaats übernommen hat, oder
  • eines Luftfahrzeugs, welches in einem anderen Land registriert ist, aber unter einer deutschen Genehmigung nach § 20 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) oder nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union eingesetzt wird,

werden alle fliegerischen Betätigungen (Überflug, Start oder Landung) in der FIR Damascus (OSTT), mit Ausnahme eines Korridors von 15 NM (in östlicher und westlicher Richtung) um die Luftstraße P975 ab und über FL320 im Nordosten Syriens, befristet bis zum 27.01.2026 und unter dem Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage, verboten.

2. Folgende Flüge in der gesamten FIR Damascus (OSTT) sind weiterhin zulässig:

  • Flüge, bei denen der Luftfahrzeugführer eine Notlage erklärt oder bei denen eine Notlage offensichtlich ist,
  • humanitäre Hilfsflüge, insbesondere Flüge mit kranken oder verletzten Personen, die sofortiger Hilfe bedürfen, einschließlich der Flüge, die zur lebenserhaltenden ärztlichen Versorgung von Kranken oder Verletzten dringend erforderlich sind,
  • Flüge im Namen oder im Auftrag der Vereinten Nationen (VN), einschließlich Internationaler Organisationen innerhalb des VN-Systems, z.B. der IAEO, sowie
  • Flüge im Auftrag der Bundesregierung.

3. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 VwVfG.

Begründung

Die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Verkehr beruht auf § 26a Absatz 1 Satz 1 LuftVG. Danach kann das Bundesministerium für Verkehr (BMV) bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen für in § 1a Absatz 1 LuftVG genannte Luftfahrzeuge auch außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland für alle oder bestimmte Beförderungsarten ein Überflug-, Start- oder Landeverbot verhängen, soweit keine völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen.

Der seit März 2011 andauernde Kriegszustand in Syrien hat im November 2024 einschneidende Veränderungen erfahren: Ein Bündnis von Milizen unter Führung der islamistischen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) stürzte den bisherigen Machthaber Assad, dieser floh am 08.12.2024 nach Russland.

Die Übergangsregierung unter Führung der islamistischen HTS ist um Mäßigung bemüht und scheint bereit, alle Bevölkerungsgruppen zu integrieren, jedoch ist der Schutz der verschiedenen Bevölkerungsgruppen momentan nicht gewährleistet. Die Übergangsregierung kann sich nicht landesweit durchsetzen, dies betrifft insbesondere die Sicherheit in dem Land. Syrien ist faktisch dreigeteilt.

Das Lagebild ist ferner durch die Vielzahl von Akteuren (islamistische Terrororganisationen, insbesondere der sog. "Islamische Staat" (IS) und "Al-Quaida" sowie in- und ausländische Streitkräfte) und die geopolitische Bedeutung des Landes sehr komplex. Israel und die Türkei wahren ihre Interessen in der Region auch militärisch. Russland behält zwei Stützpunkte am Mittelmeer.

Insbesondere die nachfolgend genannten Ereignisse wurden im Rahmen der flugbetrieblichen Bewertung des Luftfahrt-Bundesamtes gemäß § 26a LuftVG vom 02.10.2025 festgehalten:

Juli 2025
  • Heftige Kämpfe zwischen Beduinenstämmen und Drusen im Süden Syriens mit über tausend Toten.
  • Israel bombardiert Ziele nahe dem Präsidentenpalast in Damaskus.
August 2025
  • Syriens Außenminister trifft sich mit einer israelischen Delegation in Paris.
  • Die Türkei vereinbart mit Syrien die Lieferung von Waffensystemen und logistischen Hilfsmitteln, sowie Schulungen im Umgang damit.

September 2025

 

  • Die Übergangsregierung gibt bekannt, dass die Parlamentswahl am 5.10.2025 erfolgt (ursprünglich geplant für 15.–20.09.2025). In den Kurdengebieten und in Suwaida (Drusen) wurde nicht gewählt.
  • Der syrische Außenminister trifft in London den israelischen Minister für strategische Angelegenheiten.

Mit Blick auf die Betriebssicherheit von zivilen Luftfahrzeugen im syrischen Luftraum besteht insbesondere aus den nachfolgendend genannten Gründen

  • terroristische Gruppierungen sind in Syrien weiterhin aktiv;
  • es kommt zu Luftangriffen von Israel und der Türkei auf syrischem Staatsgebiet;
  • es liegen nach erfolgter (und gegenwärtig fortgesetzten) Zerstörungen durch israelische Kräfte nur unvollständige Informationen zum Verbleib und Zustand der Waffen des Assad-Regimes vor

weiterhin ein konkretes Risiko für den zivilen Flugverkehr.

Vom Flugverbot ausgenommen werden kann weiterhin ein Korridor von 15 NM (in östlicher und westlicher Richtung) um die Luftstraße P975 im äußersten Nordosten Syriens, ab und über FL320 (entspricht etwa 10000m Flughöhe). Allerdings verbleibt für diesen Korridor ein hohes abstraktes Risiko (Stufe 2 von 3: „… recommended not to enter…“).

Es liegen mithin tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen deutscher Luftfahrtunternehmen bei Flügen in der FIR Damascus (OSTT) vor. Da die Vorschrift des § 26a Absatz 1 LuftVG auch zum Erlass eines Flugverbots außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, kann das BMV deutschen Luftfahrzeugen den Überflug, den Start oder die Landung auch für die FIR Damascus (OSTT) untersagen. Völkerrechtliche Verpflichtungen stehen nicht entgegen.

Der Erlass des Überflug-, Start- oder Landeverbots ist im Übrigen verhältnismäßig. Die Sperrung des syrischen Luftraums (OSTT) ist ein geeignetes Mittel, um der konkreten Gefahr für die Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen und damit auch für Leib und Leben der Besatzung und Passagiere an Bord von deutschen Luftfahrzeugen bei Überflug, Start oder Landung in dem o.g. Gefahrengebiet zu begegnen. Indem die von dem Verbot unter 1. betroffenen Luftfahrzeuge nicht mehr starten, landen oder das genannte Gebiet überfliegen dürfen, wird von staatlicher Seite gewährleistet, dass weder die Betriebssicherheit deutscher Luftfahrzeuge gefährdet wird, noch Leib und Leben von Besatzung und Passagieren zu Schaden kommen.

Die Maßnahme ist auch erforderlich, weil kein anderes Mittel gleicher Eignung und Wirkung zur Verfügung steht, um den Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten. Eine Empfehlung, bei der allein das Luftfahrtunternehmen bzw. der Luftfahrzeugführer die Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der Besatzung und Passagiere sowie der Betriebssicherheit des Luftverkehrs trägt, ist aufgrund der konkreten Gefahr im vorliegenden Fall nicht in gleicher Weise geeignet, den drohenden Schaden abzuwenden.

Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Aufgrund der mit der Maßnahme verbundenen Eingriffe in Rechte Dritter ist es angemessen, das Flugverbot auf dreieinhalb Monate, bis zum 27.01.2026, zu befristen und unter den Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage zu stellen.

Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt dem Schutz der allgemeinen Betriebssicherheit des Luftverkehrs im syrischen Luftraum ein besonderes Gewicht zu. Im Hinblick auf die dort stattfindenden kriegerischen Auseinandersetzungen und das Wissen um den Einsatz von für den Luftverkehr gefährlichen Waffen gebietet die Schutzpflicht des Staates auch unter Berücksichtigung der durch ein Flugverbot betroffenen Grundrechte der Luftfahrtunternehmen ein staatliches Einschreiten. Da die körperliche Unversehrtheit und das Leben der Besatzung und Passagiere beim Überflug, Start- oder Landung in und über einem Kriegsgebiet in erheblichem Maße gefährdet sind, ist es vorliegend gerechtfertigt, die Gewährleistung für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeugs und den Schutz von Leib und Leben nicht allein in der Verantwortung des Luftfahrtunternehmens bzw. des Luftfahrzeugführers zu belassen, sondern durch ein staatliches Verbot sicherzustellen.

Auch die zugelassenen Ausnahmen von dem Flugverbot dienen der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die von dem Flugverbot ausgenommenen Flüge im Tenor zu 2. bezwecken die Abwehr akuter Notlagen, die Durchführung humanitärer Maßnahmen oder die Wahrung hoheitlicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Ferner unterstreicht die Herausnahme des. o. g. Flugkorridors im äußersten Nordosten Syriens die Reduzierung des Flugverbots auf das erforderliche Minimum.

Der erneute Erlass eines Flugverbots für die FIR Damascus (OSTT) steht im Einklang mit der Vorschrift des § 26a Absatz 2 LuftVG.

Gemäß § 26a Absatz 3 LuftVG entfällt die aufschiebende Wirkung des zulässigen Rechtsbehelfs.

Die Allgemeinverfügung erfolgt gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Durch den Widerrufsvorbehalt wird sichergestellt, dass das BMV zeitnah auf Situationsänderungen in der FIR Damascus (OSTT) reagieren kann und die belastende Wirkung der Allgemeinverfügung auf die notwendige Dauer beschränkt wird.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, erhoben werden.

Bonn, den 14.10.2025

Bundesministerium für Verkehr

Abteilung Luftfahrt

 

Im Auftrag

Dr. Wilhelm Eschweiler