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Verbot Luftraum Jemen

Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Verkehr über ein Flugverbot für das Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) vom 13.10.2025

1. Für Luftfahrzeugführer, Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeughalter

  • eines in der deutschen Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugs oder
  • eines anderen Luftfahrzeugs, für das die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung des Eintragungsstaats übernommen hat, oder
  • eines Luftfahrzeugs, welches in einem anderen Land registriert ist, aber unter einer deutschen Genehmigung nach § 20 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) oder nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union eingesetzt wird,

werden alle fliegerischen Betätigungen (Überflug, Start oder Landung) im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC), befristet bis zum 16.02.2026 und unter dem Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage,

mit Ausnahme des Gebiets östlich der Luftstraße (airway) B400 (einschließlich)

verboten. Für diese Ausnahme gilt eine flugbetriebliche Empfehlung der Risikostufe 1 (von 3). Diese und das Verbot werden im deutschen Aeronautical Information Circular (AIC) veröffentlicht.

2. Folgende Flüge im gesamten Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) sind weiterhin zulässig:

  • Flüge, bei denen der Luftfahrzeugführer eine Notlage erklärt oder bei denen eine Notlage offensichtlich ist,
  • humanitäre Hilfsflüge, insbesondere Flüge mit kranken oder verletzten Personen, die sofortiger Hilfe bedürfen, einschließlich der Flüge, die zur lebenserhaltenden ärztlichen Versorgung von Kranken oder Verletzten dringend erforderlich sind,
  • Flüge im Namen oder im Auftrag der Vereinten Nationen (einschließlich Internationaler Organisationen innerhalb des VN-Systems, z.B. der IAEO),
  • Flüge im Auftrag der Bundesregierung.

3. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 VwVfG.

Begründung

Die Allgemeinverfügung beruht auf § 26a Absatz 1 LuftVG. Danach kann das Bundesministerium für Verkehr (BMV) bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen für in § 1a Absatz 1 LuftVG genannte Luftfahrzeuge auch außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland für alle oder bestimmte Beförderungsarten ein Überflug-, Start- oder Landeverbot verhängen, soweit keine völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen.

Seit der letzten Bedrohungs- und Risikoanalyse gemäß § 26a LuftVG des Luftfahrt-Bundesamts vom 28.05.2025 hat sich keine entscheidende Lageänderung ergeben.

Die Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien, der saudi-arabisch geführten Militärallianz und der Huthi-Miliz, die am 02.04.2022 erstmals verkündet und zuletzt am 02.08.2022 fortgeschrieben wurde, ist seit ihrem Auslaufen am 02.10.2022 nicht verlängert worden.

Sie ist dennoch wirksam: auch im letzten Analysezeitraum haben keine bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien mehr stattgefunden. Es finden weiter Verhandlungen für eine dauerhafte Beilegung des Konflikts zwischen Saudi-Arabien und der Huthi-Miliz statt.

Innerhalb Jemens dauern die gewaltsamen Auseinandersetzungen der innerjemenitischen Konfliktparteien, unter maßgeblicher Beteiligung der Huthi-Miliz, jedoch an.

Ferner bedroht die Huthi-Miliz seit Oktober/November 2023 mit Drohnen und Raketen Ziele in Israel und die internationale Seeschifffahrt. Letzterer drohen Angriffe im Roten Meer, im westlichen Golf von Aden sowie im Golf von Akaba. Israel übt Vergeltung und greift Ziele in Jemen aus der Luft an.

Die USA stellen durch ihre Präsenz in der Region eine Drohkulisse auf.

Am 06.05.2025 wurde eine von Oman vermittelte Waffenruhe mit der Huthi-Miliz verkündet. Sie beinhaltet eine Einstellung der US-Luftangriffe auf Ziele im von der Miliz kontrollierten Gebiet sowie seitens der Huthi-Miliz die Einstellung der Angriffe auf US-Schiffe in den umliegenden Seegebieten. Israel ist nicht Teil dieser Waffenruhe-Vereinbarung.

Ein Verbot zur Nutzung des Luftraums Jemens besteht seit dem 02.04.2015.

Der Bereich der Ausnahmen zum resultierenden Flugverbot wurde bereits im Zuge der Analyse vom 23.05.2024 überarbeitet: Vom Flugverbot ausgenommen bleibt nach wie vor das Gebiet östlich der Luftstraße B400 (einschließlich), wo die Luftstraßen im östlichen Arabischen Meer verlaufen und bislang keine Kampfhandlungen zu verzeichnen waren. Hier liegt ein mittleres abstraktes Risiko vor (Risikostufe 1 von 3), welches entsprechend im aktuellen Aeronautical Information Circular (AIC) veröffentlicht ist (“… advised to take potential risk into account”).

Entwicklungen seit der letzten Risikobewertung vom 28.05.2025 

2025

Die Huthi-Miliz greift regelmäßig Israel mit Marschflugkörpern und Drohnen an.

 

September 2025Israel bombardiert mehrfach Ziele der Huthi-Miliz.

Risikobewertung für den zivilen Flugverkehr

Auch wenn die Kampfhandlungen zwischen der saudi-arabisch geführten Militärallianz und der Huthi-Miliz faktisch eingestellt wurden, sind weiterhin Kampfhandlungen durch das Fortbestehen des inner-jemenitischen Konfliktes zu verzeichnen. Diese beiden Sachverhalte sind klar zu trennen.

Ferner kommt es zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen der Huthi-Miliz und Israel.

Durch diese Kampfhandlungen (Einsatz von Drohnen sowie Kurz- und Mittelstreckenraketen, Angriffe auf Flughafeninfrastruktur) sowie den Aktivitäten terroristischer Gruppierungen besteht im Jemen (Flight Information Region (FIR) Sanaa) weiterhin ein konkretes Risiko für den zivilen Luftverkehr. Ferner kann ein Wiedereinsetzen der Luftangriffe der saudi-arabisch geführten Militärallianz auf Stellungen der Huthi-Miliz nicht ausgeschlossen werden. Eine kurz- bis mittelfristige Konsolidierung der Sicherheitslage ist aufgrund des Fortbestehens des innerjemenitischen Konfliktes nicht zu erwarten.

Hinweis: Die Angriffe der Huthi-Miliz auf die internationale Seeschifffahrt im o. g. Gebiet, ihre Abwehr sowie militärische Gegenschläge führen unverändert zu einer Gefährdung des zivilen Luftverkehrs mit einem geringen abstrakten Risiko unterhalb der Schwelle der Veröffentlichung eines NOTAM.

Vor diesem Hintergrund ist es hinreichend wahrscheinlich, dass ziviler Flugverkehr, der den jemenitischen Luftraum nutzt, von gewaltsamen Aktionen betroffen sein wird und es in absehbarer Zeit zu einem Schaden an einem Luftfahrzeug kommt. Davon ausgenommen ist der im Tenor zu 1. genannte geographische Bereich (Gebiet östlich der Luftstraße B400 (einschließlich)). Er gehört zwar zum Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC), liegt aber über dem arabischen Meer in ausreichender Entfernung zu den Kampfhandlungen.

Es liegen mithin tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen deutscher Luftfahrtunternehmen bei Flügen im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) vor. Da die Vorschrift des § 26a Absatz 1 LuftVG auch zum Erlass eines Flugverbots außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, kann das BMV deutschen Luftfahrzeugen den Überflug, den Start oder die Landung auch für das Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) untersagen. Völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland stehen nicht entgegen.

Der Erlass des Überflug-, Start- oder Landeverbots ist im Übrigen verhältnismäßig. Die Sperrung des Luftraums Jemens (OYSC) ist ein geeignetes Mittel, um der konkreten Gefahr für die Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen und damit auch für Leib und Leben der Besatzung und Passagiere an Bord von deutschen Luftfahrzeugen bei Überflug, Start oder Landung in dem o.g. Gefahrengebiet zu begegnen. Indem die von dem Verbot unter 1. betroffenen Luftfahrzeuge nicht mehr starten, landen oder das genannte Gebiet überfliegen dürfen, wird von staatlicher Seite gewährleistet, dass weder die Betriebssicherheit deutscher Luftfahrzeuge gefährdet wird, noch Leib und Leben von Besatzung und Passagieren zu Schaden kommen.

Die Maßnahme ist auch erforderlich, weil kein anderes Mittel gleicher Eignung und Wirkung zur Verfügung steht, um den Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten. Eine Empfehlung, bei der allein das Luftfahrtunternehmen bzw. der Luftfahrzeugführer die Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der Besatzung und Passagiere sowie der Betriebssicherheit des Luftverkehrs trägt, ist aufgrund der konkreten Gefahr im vorliegenden Fall nicht in gleicher Weise geeignet, den drohenden Schaden abzuwenden.

Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Aufgrund der mit der Maßnahme verbundenen Eingriffe in Rechte Dritter ist es angemessen, das Flugverbot auf vier Monate, bis zum 16.02.2026, zu befristen und unter den Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage zu stellen.

Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt dem Schutz der allgemeinen Betriebssicherheit des Luftverkehrs im jemenitischen Luftraum ein besonderes Gewicht zu. Im Hinblick auf die dort stattfindenden kriegerischen Auseinandersetzungen und das Wissen um den Einsatz von für den Luftverkehr gefährlichen Waffen gebietet die Schutzpflicht des Staates auch unter Berücksichtigung der durch ein Flugverbot betroffenen Grundrechte der Luftfahrtunternehmen ein staatliches Einschreiten. Da die körperliche Unversehrtheit und das Leben der Besatzung und Passagiere beim Überflug, Start- oder Landung in einem Kriegsgebiet in erheblichem Maße gefährdet sind, ist es vorliegend gerechtfertigt, die Gewährleistung für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeugs und den Schutz von Leib und Leben nicht allein in der Verantwortung des Luftfahrtunternehmens bzw. des Luftfahrzeugführers zu belassen, sondern durch ein staatliches Verbot sicherzustellen.

Auch die zugelassenen Ausnahmen von dem Flugverbot dienen der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die von dem Flugverbot ausgenommenen Flüge im Tenor zu 2. bezwecken die Abwehr akuter Notlagen, die Durchführung humanitärer Maßnahmen oder die Wahrung hoheitlicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland.

Ferner unterstreicht die Herausnahme der im Tenor zu 1 genannten Luftstraße B400 die Reduzierung des Flugverbots auf das erforderliche Minimum.

Der erneute Erlass eines Flugverbots für das Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) steht im Einklang mit der Vorschrift des § 26a Absatz 2 LuftVG. Der Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung ist inhaltsgleich mit den vorangegangenen Allgemeinverfügungen, die seit dem 15.10.2015 wiederholt erlassen wurden. Die Sicherheitslage für den zivilen Luftverkehr hat sich seitdem nicht wesentlich verbessert.

Gemäß § 26a Absatz 3 LuftVG entfällt die aufschiebende Wirkung des zulässigen Rechtsbehelfs.

Die Allgemeinverfügung erfolgt gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Durch den Widerrufsvorbehalt wird sichergestellt, dass das BMV zeitnah auf Situationsänderungen im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) reagieren kann und die belastende Wirkung der Allgemeinverfügung auf die notwendige Dauer beschränkt wird.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, erhoben werden.

Berlin, den 13.10.2025

Bundesministerium für Verkehr

Abteilung Luftfahrt

Im Auftrag

Dr. Wilhelm Eschweiler